Februar 2020 - Scheinzypresse vor Gotischem Haus

Eine bizarre Schönheit

oder

über die Endzeit der Nadelbäume auf Schochs Insel

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Beim Anblick dieser von den Naturgewalten gezeichneten Scheinzypresse mußte ich - auch wegen der Solitärstellung auf Schochs Insel - an die in den Rocky Mountains wachsenden Grannenkiefern und Wacholder denken. Letztere sind Schnee, Eis, Blitz und Donner sowie extremen Winden ausgesetzt. Nun gut, deren Territorium ist auf 3000 Meter Höhe im Westen der USA, wir sind hier im Dessauer-Wörlitzer Gartenreich, einer europaweit bedeutsamen Kulturlandschaft in Sachsen-Anhalt. Wie kommt die Art Scheinzypresse dann hier an die Elbe und warum ist sie so fotogen "verunstaltet"  ?

Die letzte Frage kann ich - ohne dabei gewesen zu sein - beantworten:  Durch den Zwiesel in ca. 8 Meter Höhe ist eine große, breite Krone entstanden. Und der Baum konnte nicht beide Spitzen gleichzeitig stabilisieren, daß sie auf Schneelast oder Windbruch gut vorbereitet sind. Es hat dem Nadelbaum irgendwann in seinen 200 Jahren Lebenszeit die Krone zerrissen, Blitzschaden wäre am Stamm zu erkennen.

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Die Scheinzypressen ähneln den Echten Zypressen so sehr, dass die Botaniker des 19. Jahrhunderts die Scheinzypressen-Arten noch der Gattung der Echten Zypressen (Cupressus) zuordneten. Der Unterschied zu den Echten Zypressen besteht darin, dass Scheinzypressen stärker abgeflachte Zweige und zweierlei schuppenartige Blätter sowie kleinere Zapfen besitzen und die Samenreife früher erfolgt. Die etwa fünf Arten (Chamaecyparis) sind in den nördlicheren Breiten Nordamerikas und Ostasiens (Japan und Taiwan) verbreitet.

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Ich schulde noch den Beleg über die Endzeit der Nadelbäume auf Schochs Insel. Fürst Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 bis 1817), ein humanistisch geprägter Landesvater, verwandelt das ganze Land an der Elbe zwischen Wörlitz und Dessau in einen Garten. Aus England werden das Prinzip des Landschaftsgartens, mit Sichtachsen, Baumpulks und Blatt- sowei Farbelementen auf dessen Landschaftsgestaltung übertragen. Vor mehr als 200 Jahren !  Die Eichen und Obstbaume bilden die Basis für die nachfolgenden Bepflanzungen, in die allerlei Exoten gesetzt werden. So kommt auch diese Scheinzypresse auf Schochs neben viele anderen Nadelbäumen zu ihrem Standort. Da der Standort wegen der elbnahen feuchten Böden nicht so geeignet ist, verabschieden sich die Nadelgehölze so allmählich in den zwei Jahrhunderten. Nachpflanzungen sind trotz denkmalschützerischer Bedenken mit eher ortstypischen Laubgehölzen beabsichtigt, erklärte die Parkverwaltung bei der DDG Führung in 2 / 2020.

 

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